Wie führte man im 2. Jahrhundert v. Chr. einen landwirtschaftlichen Betrieb im Mittelmeerraum? Aufschluss hierüber bietet dieses Stück antiker Fachschriftstellerei, das in 170 Kapiteln handbuchartig Ratschläge und Anweisungen zu allen Fragen der Gutsführung enthält: Vom Grunderwerb über Vorschriften des Anbaus, der Viehzucht, der Lagerhaltung, der Herstellung von Gerätschaften bis hin zu Schädlingsbekämpfung, Kochrezepten und magischen Ritualen. Als älteste erhaltene lateinische Prosaschrift ist der Text nicht nur beliebtes Studienobjekt der Sprachwissenschaft, sondern auch inhaltlich von höchstem kulturhistorischen Wert – und nicht ohne Reiz für all jene, die sich eine Abkehr von der industriellen Landwirtschaft heutiger Tage wünschen.
"Jener älteste der Catones, bekannt vor allem durch seinen Triumph und sein Zensorenamt, mehr freilich noch durch seine Bedeutung als Schriftsteller und durch die Lehren, die er dem römischen Volk über alle erstrebenswerten Dinge gab, vor allem über den Ackerbau, dieser nach Meinung seiner Zeit beste und konkurrenzlose Landwirt": dieses Lob des älteren Plinius (Naturalis historia XIV 44) umfasst die militärische, politische, schriftstellerische und praktisch-ökonomische Bedeutung des alten Cato und korrespondiert sowohl mit der zeitlich vorangehenden Vita Catonis des Nepos als auch mit Passagen der späteren, anekdotenreichen griechischen Lebensbeschreibung des Plutarch.
Cicero erhebt den hochbetagten Cato im Dialog De senectute zum Führer des philosophischen Gesprächs; die Dialogpartner loben Catos "Weisheit in allen Fragen" (II 4) und sein Ansehen (III 8); Cicero lässt Cato selbst auf sein literarisches Interesse und seine schriftstellerische Tätigkeit hinweisen (VIII 26; XI 38), ebenso auf seine militärische Vergangenheit und sein juristisches und politisches Wirken (X 32; XI 38) sowie – in einer längeren Passage – auf seine Vorliebe für die Landwirtschaft und die Freuden des Landlebens (XVI 51–60), wobei er ihn seine Schrift De rebus rusticis erwähnen lässt (XV 54).
Livius (XXXIX 40 ff.) hebt im Zusammenhang mit Catos Bewerbung um die Zensur (184 v. Chr.) dessen Charakterstärke, Geisteskraft und Klugheit hervor, die Tapferkeit in vielen Schlachten, die Erfahrung in Rechtsfragen und die Redegewalt; Cato sei zweifellos ein Mann von rauer Art gewesen, aber unbescholten und nicht korrupt. Das überwiegend positive Bild der antiken Quellen, die wohl auf einer verlorenen größeren Cato-Monographie des Nepos fußen und natürlich auch der biographischen Topik verpflichtet sind, fasst Quintilian (Institutio oratoria XII 11.23) zusammen: "Cato idem summus imperator, idem sapiens, idem orator, idem historiae conditor, idem iuris, idem rerum rusticarum peritissimus."
Dem steht die überwiegend kritische Einstellung in der Forschung des 19. und 20. Jahrhunderts entgegen, die sich vor allem auf Catos politische Position bezieht. Mommsen meint, Cato sei kein großer Mann, am wenigsten ein weitblickender Staatsmann gewesen, sondern "politisch und sittlich gründlich borniert". Klingner nennt Cato einen "verschlagenen, unheimlichen, ja rohen, barbarischen Mann", würdigt ihn aber auch als "einen der besten Römer", "überlegenen Geist" und "kühnen Neuerer". Taeger bezeichnet Cato als "engstirnig, borniert und verlogen ", Alföldi als "streitsüchtig und eigensinnig". Erst Kienast bemüht sich um eine ausgewogenere Würdigung Catos, doch neuerdings fällt Janson wieder in die Einseitigkeit zurück, indem er Cato einen "unmenschlichen Profitjäger" nennt.
Die unterschiedlichen Sichtweisen sind aus Catos Persönlichkeit selbst und aus der Zeit heraus zu begründen, in der er lebte. Als homo novus hatte er sich im Kreis der nach wie vor führenden Adelsfamilien in besonderer Weise zu bewähren, musste die altrömischen Grundsätze, die der Adel noch immer propagierte, umso heftiger vertreten, als sie nach der Wende vom 3. zum 2. Jahrhundert, als Rom Großmacht geworden war, ins Wanken geraten waren. Ubi fides maiorum – "Wo sind die althergebrachten Grundsätze geblieben?" Vor dem Hintergrund dieser vorwurfsvollen Frage stellt er seine eigene Integrität und sein einfaches, arbeitsreiches Leben programmatisch heraus. Cato geißelte Nichtstun, Wohlleben und Luxusstreben der führenden Schicht und übte sein Amt als Zensor mit beispielloser Härte aus. Der Spagat zwischen den althergebrachten mores und den Anforderungen oder Möglichkeiten der neuen Zeit konnte natürlich nicht immer gelingen. So stellt Cato sich selbst als Vorbild hin, indem er sagt, er habe in seiner Jugend mit eigener Hand sabinisches Felsgestein in Mutterboden verwandelt, und so lobt die Einleitung seiner Schrift über den Ackerbau den (alten) Bauernstand, das ganze Werk aber spricht den modernen Grundbesitzer großen Stils an. Und nach außen hin stemmte er sich gegen den Einfluss griechischen Schrifttums und griechischer Philosophie, persönlich aber war er des Griechischen mächtig und mit griechischen Schriften vertraut. Büchner spricht von "Verachtung und heimlicher Anerkennung".
So ist Cato repräsentativ für die Zeit der römischen Expansion, die durch den Zustrom ungeheurer finanzieller Mittel und ganzer Völker von Sklaven, mit dem Ende der altrömischen Landwirtschaft durch die lange Abwesenheit der Bauern, mit der Landflucht und dem Hochkommen der Steuerpächter sowie der Überdehnung der (stadt)römischen Verwaltungsstrukturen den führenden Männern erhebliche Brüche im Denken und Handeln abverlangte.
Erstaunlich ist, dass es bei der Vorliebe der Römer für Ahnenbildnisse von dem größten Römer der republikanischen Zeit kein eindeutig identifi zierbares Porträt gibt. Cato selbst soll nach Plutarch (Cato 19.6) auf die Frage, warum es von ihm noch kein Standbild gebe, geantwortet haben: "Mir ist es lieber, wenn man fragt, weshalb ich noch kein Standbild habe, als, warum ich eins habe."